Die Deutschen des Banater Berglandes sind zum großen Teil Nachkommen von Wald-, Berg- und Hüttenarbeitern, die von Beginn des 18. Jahrhunderts an vornehmlich aus Tirol, dem Salzkammergut und dem steirischen Ennstal zur Erschließung und Verhüttung der Bergschätze in den gebirgigen Süden des Banates gerufen wurden. Die Mehrzahl von ihnen bezeichnet sich bis heute als „Steirer“, steirischer Dialekt und steirisches Brauchtum haben sich bis in unsere Tage bei ihnen erhalten.
Bis zum Zweiten Weltkrieg konnten die Berglanddeutschen die kulturelle und wirtschaftliche Verbindung zur steirischen Urheimat bewahren, dann war dies aus politischen Gründen nicht mehr möglich; die „Steirer“ des Banater Berglandes gerieten bei uns allmählich gleichsam in Vergessenheit …
Das erste Heimattreffen der Banater Berglanddeutschen in Bad Mitterndorf zu Pfingsten 1981 stellte die lange unterbrochene Verbindung wieder her. Durch die Betreuung der in ihrer Banater Heimat verbliebenen steirischen Landsleute konnte nun ein neuer Schwerpunkt in unserer Verbandsarbeit gesetzt werden, dem sich namentlich unser Vorstandsmitglied Traute Kocmann widmete.
Damals trug Rumänien noch schwer an der politischen und wirtschaftlichen Last des Ceausescu-Regimes. Für ein „Kopfgeld“, das als „Rückerstattung von Ausbildungskosten“ verlangt wurde, durften zwischen Bonn und Bukarest ausgehandelte Kontingente von Rumäniendeutschen unter Zurücklassung nahezu ihrer gesamten Habe in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. Das Ausmaß menschlicher Verzweiflung mag daraus zu ersehen sein, daß sich eine Rumäniendeutsche aus dem Sathmarer Land am 23. April 1987 – an ihrem 60. Geburtstag – vor der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest mit Benzin übergoß, anzündete und brennend verschied.
Schon zu Beginn des Jahres 1982 konnte der AKVS erste Hilfspakete nach Rumänien senden. Um die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung zu fördern, veranstaltete der AKVS im November 1982 im Grazer Stadtmuseum die Ausstellung „Die Banater Berglanddeutschen als Teil der Deutschen Rumäniens“. Diese Ausstellung wurde auch in Schladming und Leoben gezeigt.
1983 bereiste erstmals eine Gruppe des AKVS das Banater Bergland, um die persönliche Verbindung zu den Landsleuten aufzunehmen und die Lage im Land selbst kennenzulernen. Die Versendung von Paketen nach Rumänien – namentlich ins Banater Bergland – wurde bald systematisch organisiert: Tausende von Hilfspaketen gingen in den achtziger Jahren aus der Steiermark in das Banater Bergland, mit privaten Absendern getarnt, weil Hilfsmaßnahmen durch eine Organisation von den rumänischen Behörden untersagt waren. Selbst der Magistrat der Stadt Graz übernahm 1983 die Kosten für 100 Paketsendungen und setzte diese Zuwendungen in den Folgejahren bis 1989 (dem Jahr der Wende in Rumänien) fort. Jede unserer damaligen Hilfsfahrten zu den Banater Landsleuten erhielt aufgrund der demütigenden Behandlung durch die rumänischen Grenzorgane und wegen der strengen Überwachung im Lande geradezu expeditionsartigen Charakter.
Ab 1984 organisierte der AKVS dreiwöchige Ferienaufenthalte bei steirischen Familien für Kinder rumäniendeutscher Spätaussiedler, die in Übergangs-Wohnheimen in Süddeutschland untergebracht waren. Im November 1988 unterrichtete ein Informationsstand des AKVS auf dem Jakominiplatz ein breites Publikum über die Lage in Rumänien, insbesondere über die der Rumäniendeutschen. Auch die studentischen Korporationen stellten sich in den Dienst der Rumänienhilfe: Die Akademische Sängerschaft Gothia gab zu diesem Zweck ein Benefizkonzert in der Aula der Karl-Franzens-Universität, der Grazer Korporationsring veranstaltete einen Wohltätigkeits-Frühschoppen auf dem Franziskanerplatz.
Zu Ende der achtziger Jahre verschärfte sich die Lage: Als Rumänien die Einfuhr von Hilfspaketen aus Österreich untersagte, wurden die Sendungen in Serbien aufgegeben; nach dem völligen Verbot wurden sie durch Geldüberweisungen ersetzt. Etliche Mitglieder des AKVS waren mit einem Einreiseverbot belegt. Man rechnete, daß sich das Regime in Bukarest noch ein bis zwei Jahre halten können würde. In diese Situation gespannten Erwartens hinein platzte in die Vorweihnachtszeit 1989 die Nachricht vom Umsturz in Rumänien!
Beginn der „Chronik der Freiheit“ von Erwin Josef Țigla Oben: Handschriftliches Original. Rechts: Sonderdruck von „Lot und Waage“ (Jänner 1990).Originalauszug aus der „Chronik der Freiheit“. Der gesamte Sonderdruck
Am 9. Jänner 1990 erreichte uns aus dem Banat ein ergreifendes Dokument von wahrlich unter die Haut gehender Authentizität: Erwin Josef Țiglas „Chronik der Freiheit“. Darin werden auf drei doppelseitig dicht handbeschriebenen (der private Besitz einer Schreibmaschine war bis dahin in Rumänien nicht gerade verboten, aber immerhin meldepflichtig!) Bögen die Ereignisse des Umsturzes in Rumänien geradezu Stunde für Stunde geschildert, wie sie in Reschitz (Reşiţa), dem Hauptort des Banater Berglandes, erlebt wurden.
Die Dezemberrevolution von 1989 hatte die politische Wende in Rumänien gebracht – und mit ihr die Freiheit: Für uns die Freiheit, aus der Anonymität herauszutreten und unsere bis dahin vornehmlich soziale Hilfe um die wichtige kulturelle Unterstützung zu erweitern; für die Rumäniendeutschen hingegen die Freiheit, das Land zu verlassen, wovon viele bereits im ersten Jahr nach der Wende durch Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch machten, als sich die politischen Verhältnisse in ihrer Heimat so gar nicht nach ihren Erwartungen zu entwickeln vermochten.
Zunächst aber herrschte um die Weihnachtstage 1989 eine ungeheure Aufbruchsstimmung – nicht nur in Rumänien, sondern auch bei uns. Der Grazer Hauptplatz war von Transparenten beherrscht, die von Studenten angefertigt waren und zur Unterstützung der revolutionsgebeutelten Landsleute aufriefen, tagelang brannte um den Erzherzog-Johann-Brunnen ein „Lichtermeer“ von Kerzen.
In diesen bewegten Tagen war es unser AKVS, der aufgrund seiner bis dahin gesammelten Erfahrungen und persönlichen Kontakte zahllosen Stellen – allen voran dem Katastrophenreferat der Steiermärkischen Landesregierung, aber auch vielen steirischen Gemeinden, Pfarren, Hilfsorganisationen, Vereinen, Schulen, Studentenkorporationen – richtungweisende Ratschläge für ihre spontanen Einsätze geben konnte, der die erste Begeisterung kanalisierte und die Hilfsmaßnahmen koordinierte. Unsere Pionierarbeit wurde allgemein anerkannt und trug reiche Früchte!
Gehalten hat freilich nicht alles, was damals mit so vielfachem stürmischen Idealismus begann. Überdauert haben aber ein intensives Interesse und eine tätige Hilfe für die Berglanddeutschen durch die offiziellen Stellen sowohl des Landes Steiermark als auch der Landeshauptstadt Graz, eine Reihe von Partnerschaften zwischen Gemeinden, Pfarren und Vereinen beiderseits und zahllose persönliche Freundschaften – ein eng geknüpftes Netz von Kontakten verbindet seither die Banater Berglanddeutschen mit ihrer steirischen Urheimat.
Das Partnerschaftsverhältnis zwischen der TU Graz und der TU Temeswar (Timişoara) und die Errichtung einer deutschsprachigen Abteilung an deren Bauingenieur-Fakultät sind Erfolge der Bemühungen des damaligen Obmannes des AKVS, Univ.-Prof. Dr. Adalbert Koberg.
Zweimal besuchten je 100 Personen starke Gruppen aus dem Banater Bergland auf Einladung der Steiermärkischen Landesregierung unser Land. Krönung unserer Mittlertätigkeit aber war der zweimalige Besuch des damaligen Landeshauptmannes von Steiermark, Dr. Josef Krainer (d. J.), im Banater Bergland: 1990 weilte er mit hohen Funktionären der steirischen Politik und Verwaltung zur Erkundung der Lage drei Tage im Banater Bergland; und 1995 nahm er in Reschitz an der berührenden Enthüllungsfeier eines Denkmales für die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion zwangsverschleppten Berglanddeutschen teil. |
Unser AKVS fand bereits 1990 zwei wichtige Ansprechpartner für seine Arbeit:
Das DFBB ist die von den rumänischen Behörden anerkannte politische Vertretung der Banater Berglanddeutschen. Im Kreis Karasch-Severin (Caraş-Severin; entspricht gebietsmäßig etwa dem Banater Bergland, Hauptstadt ist Reschitz/Reşiţa) genießt die deutsche Volksgruppe nicht nur Anerkennung, sondern auch weitgehende Förderung durch die Kreisverwaltung. Das DFBB ist in Ortsforen gegliedert und selbst ein Teil des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat (DFDB), welches wiederum eines der fünf Regionalforen des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) bildet. |
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Die „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ ist der wesentliche Gestalter des deutschen Kulturlebens im Banater Bergland. Sie organisiert regelmäßig Veranstaltungen in jenen Orten des Banater Berglandes, in welchen die deutsche Volksgruppe in nennenswerter Zahl lebt, und tritt mit einigen Großveranstaltungen im Jahr hervor:
Rumänien ist ein „Reformland“ mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich trotz des Beitritts des Landes zur EU im Jahre 2007 im industriell bestimmten Banater Bergland besonders stark auswirken. Der AKV ist bemüht, Hilfe zur Selbsthilfe (Anleitung zur Unternehmensgründung, Vermittlung von steirischen Investoren) zu geben. Sozialleistungen werden (sinnfälligerweise und mit großer Kompetenz) von anderen Organisationen (Caritas) geleistet, sodaß sich der AKV als Kulturverband seiner primären Aufgabe widmet: der Bewahrung und Förderung der deutschen Kultur im Banater Bergland, die für ein Fortbestehen der Volksgruppe in ihrer Identität unverzichtbar ist. Heute leben etwa 3.000 Deutsche im Banater Bergland. |
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Eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet den AKV mit der Deutschen Vortragsreihe in Reschitz. Die ideelle und finanzielle Förderung ihrer Veranstaltungen und ein reger Kulturaustausch (in beiden Richtungen!) bewähren sich nun schon Jahrzehnte hindurch. Großen Anklang findet bei unseren Banater Landsleuten die Beratung bei der Wiederbelebung des steirischen Brauchtums- und Trachtenwesens: Chorseminare, Steirischtanzkurse, die Vermittlung der steirischen Landestracht – als Anregung, nicht als Zwang – tragen ihre Früchte.
Wichtigste Voraussetzung für den Identitätserhalt einer Volksgruppe ist ohne Zweifel die Beherrschung der Muttersprache. Freilich besteht im Banater Bergland ein deutsches Schulwesen (bis zur Matura führend), doch die Versorgung mit Lehrpersonal ist nicht überall zufriedenstellend, sodaß ergänzendes Lernen von großem Nutzen sein kann. Dazu trugen in den 1990er Jahren dreiwöchige Ferienaufenthalte von bisher zusammengenommen etwa 500 Kindern aus dem Bergland bei steirischen Familien bei. Auf Anregung des DFBB soll dieses Ziel nunmehr anders erreicht werden: „Deutsch mit Spaß“ heißt ein Ferienlager, das seit 1998 jährlich im Banater Bergland durchgeführt wird. Dabei verbringen berglanddeutsche Kinder unter der Anleitung von berglanddeutschen und steirischen Lehrpersonen unbeschwerte Tage bei Spiel, Sport, Gesang, steirischem Volkstanz und (zwanglosem) Sprachunterricht; die Finanzierung erfolgt durch den AKV.
1995 und 1996 organisierte der AKVS Fortbildungslehrgänge für deutsche Hilfslehrer im Banater Bergdorf Wolfsberg (Gărâna), die Mittel für dieses „Deutsch in Wolfsberg“ wurden vom Land Steiermark bereitgestellt. Später wurden diese jährlichen Kurse in direkter Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und DFBB fortgeführt.
Über Vermittlung und auf Kosten des AKV hospitieren seit 1995 jeweils mehrere Wochen im Juni berglanddeutsche Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen an Grazer Kindergärten und Schulen, um Anregungen (und Spiel- bzw. Unterrichtsmaterial) für ihre Arbeit ins Banat mitzunehmen.
Mehrmals haben auf Anregung des AKVS hohe Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Steiermark das Banater Bergland besucht: Landeshauptmann Dr. Josef Krainer (d. J.) 1990 und 1995 (s. o.), Landesrat Dipl.-Ing. Michael Schmid 1997, Landesamtsdirektor Univ.-Prof. Dr. Gerhart Wielinger 2000, Landeshauptmann Waltraud Klasnic 2004, der Grazer Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl 2007, Landesrat Dr. Gerhard Kurzmann 2011. In der Regel nimmt der österreichische Botschafter in Bukarest an bedeutenden kulturellen Veranstaltungen der Berglanddeutschen teil.